Warum emanatelove (Rawan Elkhatim) problematisch ist

Rawan-Elkhatim-problematisch

Aktuell macht ein Video die Runde, das eine junge Frau zeigt, die zusammen mit ihrem kleinen Sohn vermeintlich von einer Gruppe von Menschen flieht. Auch auf anderen Social Media Plattformen wurde es bereits geteilt, wodurch es am Ende auch in meine Timeline gespült worden ist.

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Twitterpost mit Video:

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Originalvideo:

 

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Im ersten Moment fand ich selbst das natürlich auch sehr krass, was da passiert ist. Habe mir angesehen, woher das Video stammt (der Twitteraccount gibt im nachfolgenden Tweet eine Quelle an; ein Instagramaccount) und dann gesehen, dass die Nutzerin eine Spendenaktion via Gofundme gestartet hat.

Erstellt wurde die Kampagne vor drei Tagen, gesammelt wurden schon über tausend Euro. Benötigt wird es, um, Zitat “einen guten Anwalt zu bezahlen und auch die Behandlungkosten für psychologische Hilfe, nach diesem traumatischen Erlebnis zu bezahlen.

Rawan-Gofundme

Was wissen wir bis zu dieser Stelle?

  • Eine junge Mutter wird mit ihrem Kind klar verfolgt.
  • Unter anderem heißt es “renn, renn um dei Leben” von einer der Personen, die sie verfolgen.
  • An einer Stelle im Video erklärt die unmittelbare Verfolgerin aber auch einem der möglichen Zeugen, dass gerade eine Frau von ihr zusammengeschlagen worden sei und sie daher Zeugen brauche. Das hat mich dann schon stutzig gemacht und ich hab mal gegooglet, was ich zu dem Thema so finden konnte.
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Zunächst einmal gab es folgenden Zeitungsausschnitt, in dem die Namen von der Redaktion verändert wurden:

Zeitungsausschnitt-kleinere-Version

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Eine Vermieterin wurde angeblich niedergeschlagen, Ort des Geschehens und auch der Zeitraum scheinen laut dem Instagramnutzer zu stimmen, der das gepostet hat. Markiert wurde die Instagramnutzerin auch noch.

Aus dem Bericht geht hervor, dass am 17. Juli gegen 22:30 Uhr aus ihrer Wohnung Schreie und Schläge gedrungen sein sollen. Die Polizei war vor Ort, sie selbst soll angegeben haben, zu schlafen. Gegen 1 Uhr sei dann Ruhe eingekehrt, Tags darauf ging eine SMS an die Vermieterin, dass sie ihr Leben zerstört hätten.

Am 6. August soll es dann eine Schlägerei gegeben haben, bei der die Mieterin auf ihre Vermieterin losgegangen ist. Dabei soll auch das Gesamtbild entstanden sein, das im Zeitungsartikel zu sehen ist.

In einem Interview mit den Nordbayerischen Nachrichten sagt die mutmaßliche Rawan folgendes:

Ich bin noch nie so gemobbt worden. […] Ich habe krasse Angst nach Hause zu gehen.

Momentan wohne sie bei einer Freundin.

Das Video zeige nur einen Ausschnitt der Geschehnisse, was auch von der Polizei bestätigt wurde – dazu gleich noch mehr. Laut Rawan sollen angeblich Hetzparolen gefallen sein, wie “Heil Hitler” und auch “wir sind Nazis” – die Leute, die sie verfolgt haben, seien “krasse Rassisten”.

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Dass sie die Vermieterin geschlagen und getreten haben soll (im Zeitungsartikel ist von Schlägen ins Gesicht und Tritten gegen den Kopf die Rede), weist sie strikt von sich. Sie habe gar keine Ahnung von der Sache, so ihre Worte.

Im Video knapp nach Minute 2, wird sie mit genau dieser Aussage konfrontiert und erwidert, das ginge denjenigen (den potenziellen Zeugen) nichts an. Die genannten Hetzparolen sind nicht im von ihr geposteten Video zu hören. Was natürlich nicht bedeutet, dass sie nicht ausgesprochen wurden, aber das können wir alle im Moment nicht mit Sicherheit wissen.

Ich habe mehrere Artikel in den Medien zur Sache gefunden

Mich in der Sache nur auf einen Zeitungsausschnitt mit veränderten Namen zu verlassen, finde ich problematisch. Das könnte zufällig passen und am Ende gar nicht Rawan sein. Also habe ich weiter recherchiert und einige Artikel entdeckt.

T-Online schreibt, dass das Video bereits aus August 2020 stammen soll (damit könnte das Datum aus dem Zeitungsausschnitt auch wieder passen). Nachgefragt hat man bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth sowie auch bei der Urheberin selbst.

Gegenüber T-Online gab die Sprecherin der Staatsanwaltschaft zu Wort:

Auf Bitten, den Corona-Abstand einzuhalten, schlug die Tatverdächtige der Nachbarin mehrfach ins Gesicht, biss ihr in den Unterarm und brachte die Geschädigte so zu Boden.

Sie soll sich vor die Haustür der gerade heimgekehrten Nachbarin gestellt haben. Dann kamen die Bitte zum Abstand und der Angriff. Auf die auf dem Boden liegende Nachbarin soll dann weiter eingetreten worden sein. Beides deckt sich mit dem vorigen Zeitungsartikel.

Eine weitere wichtige Info aus dem Artikel: für die Staatsanwaltschaft gilt das vermeintliche Rassismus-Opfer, wie sie aktuell in Medien dargestellt wird, als Tatverdächtige.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass es bereits eine erste Verhandlung am Amtsgericht Hersbruck gegeben habe und nach Angaben der Anwältin der 25-jährigen die Vorwürfe zum Teil abgestritten werden. Der nächste Termin ist im Oktober. An der Stelle sollen dann Gutachten mehr Licht in die Sache bringen. Mehr dazu hier.

Auf nordbayern heißt es, dass die Polizei das Video klar einem Vorfall aus 2020 zuordnen konnte. Hier frage man ebenfalls bei der zuvor genannten Staatsanwaltschaft nach und erhielt zur Info, dass das aktuell geteilte Video nur einen Ausschnitt des vorliegenden Falls zeige. Mehr dazu hier.

Auch die Polizei hat dazu bereits ein Statement veröffentlicht:

Rawan hat ein Statement auf Instagram veröffentlicht

Die wichtigsten Punkte aus ihrem Statement:

  • Die gegen sie vorliegende Anklagevorschrift soll “so nicht stimmen”
  • Sie nimmt sich nicht aus der Opferrolle raus, was ihr vorgeworfen wird, hat sie aber nach eigener Aussage nicht getan.
  • Sie erklärt, dass ihre früheren Vermieter ihr die Kaution gestundet haben und diese dann während Corona plötzlich von ihr eingefordert wurde. Da sie keine schriftliche Bestätigung zur Stundung hatte, wurde ihr danach die Wohnungskündigung zugesendet.
  • Strom und Wasser seien ihr vom Vermieter immer wieder abgestellt worden.
  • Klagebriefe zur Räumung sollen aus der Wohnung gestohlen worden sein.
  • Die tätlichen Angriffe stellt sie als Selbstverteidigung dar. Die Vermieterin sei nicht auf dem Boden gelegen und sie habe ihr auch nicht angedroht, sie zu töten. Sie gibt zu, dass sie ihr zweimal ins Gesicht geschlagen und sie in den Arm gebissen hat.
  • Nach einem Selbstmordversuch habe sie sich selbst eingewiesen. Es wurde festgestellt, dass sie sich durch die Erfahrungen verhält wie jemand, der an Borderline erkrankt ist.

 

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Ich will an der Stelle folgende Punkte anmerken:

  • Eine Stundung erhält man immer schriftlich, so etwas mündlich zu vereinbaren ist höchst unüblich und wäre auch unglaublich unprofessionell. Immerhin muss man ein Zahlungsdatum festlegen, bis wann gestundet wird.
  • Strom und Wasser sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Wasser kann der Vermieter abstellen, Strom stellt jedoch in der Regel der Stromanbieter ab.

Beides sind keine Argumente für oder gegen diesen Vorfall, sondern einfach nur Anmerkungen. Am Ende können wir Außenstehende ohnehin nicht großartig etwas dazu sagen, weil der Gerichtsprozess das ohnehin klären wird.

Warum wurde das Video jetzt veröffentlicht?

Das Geschehnis liegt rund ein Jahr zurück. Der Prozess läuft noch, aber warum wird ausgerechnet jetzt das Video dazu von ihr hochgeladen? Ist es nur ein Zufall, dass sie sich aktuell bei Miss Germany 2021 beworben hat und das durchaus als Push für mediale Aufmerksamkeit dient?

Ich finde es fraglich, dass sie sich nicht an die Behörde oder die Polizei gewendet hat. Angeblich sei das Jugendamt doch vollkommen hinter ihr gestanden (so ihre Aussage in ihrem Statement) und angeblich sollen auch Atteste vorliegen, die beweisen, dass die Kinder durch das abgestellte Wasser krank geworden sind. Anzeigen, die sie gegen die Familie (die Vermieter) gestellt hat, wurden laut ihren Aussagen alle fallengelassen.

Persönlich finde ich das Ende ihres Statements sehr seltsam. Jemand beginnt zu flüstern, sie sieht immer mal nach oben und schaltet dann einfach mitten im Satz weg. Vorwürfe über Rassismus hat sie kein einziges Mal während dem Video ausgesprochen.

Gezieltes Framing ihrerseits?

Es gibt einen laufenden Prozess. Und der wird Licht in die Sache bringen.

Als Influencerin weiß sie, wie das Prinzip der Reichweite funktioniert. Und schon da ist sie mir nicht sonderlich sympathisch aufgefallen, denn sie hat auf ihrem Instagram-Account z.B. eine Kooperation mit Blumen Fuchs gehabt (diese aber wohlgemerkt nicht als Werbung gekennzeichnet).

emenatelove-Insta

Zuerst postet sie mit einer sehr stark framenden Caption ihr Video, in dem sie verfolgt wird, stellt die Gofundme-Kampagne online und hat sich zufällig auch für Miss Germany 2021 beworben. Dann schaukelt sich alles erstmal schön hoch, Framing hier, Rassismusvorwürfe da, wirkliche Informationen werden zunächst schön zurückgehalten und die Leute bilden sich auf Social Media Plattformen durchwegs ihre Meinung.

Dann erscheint ein zweites Video. Dessen Caption bittet darum, die Familie in Frieden zu lassen (?!) und sie positioniert sich auch keine Sekunde lang zu den Rassismusvorwürfen darin.

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Caption zum 1. Video

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Caption zum 2. Video

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Der Beschreibungstext auf ihrem Gofundme ist so viel- und gleichzeitig auch nichtssagend, dass man als Außenstehender trotzdem nicht auf die Idee käme, dass sie jemanden tätlich angegriffen hat.

Rawan-Gofundme-Beschreibungstext

Ich kann doch nicht die einzige sein, die dieses Auf und Ab an Informationen, Aussagen und Framings merkwürdig findet?! Vor allem, da viele der hier dargelegten Informationen bei etlichen der vermeintlich über Rassismus in Deutschland aufklärenden Beiträge den Gesamtkontext völlig ignorieren. Auf mich persönlich hat es mehr als nur einmal so gewirkt, als ob die Schuld ganz klar bei dem “Mob” liegen würde, der sie angeblich verfolgt habe. Wobei man bedenken muss, dass sich diese Verfolgungsjagd nicht lange nach ihrem tätlichen Übergriff ereignet haben dürfte. Dass da die Gemüter auf beiden Seiten hochkochen, müsste nachvollziehbar sein.

Und auch hier noch einmal: An diesem Framing ist Rawan nicht unschuldig. Und genau deshalb finde ich sie problematisch, denn als selbsternannte Heilerin und jemand, der sich mit Chakra Meditation befasst und gleichzeitig auch Influencer ist, muss ihr die Wirkung dessen klar sein, was sie kommuniziert und wie sie das tut.

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